Johannes
15,5: Weinstock und Reben
„Ich bin der
Weinstock, ihr die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm – diese Person trägt
viel Frucht. Denn getrennt von mir habt ihr keine Kraft, etwas zu tun“.
In diesem
Vers ist alles zusammengefasst, was die Beziehung des Christen zu seinem Herrn
betrifft. Es beginnt mit einem Bild, das die unmittelbare Abhängigkeit
ausdrückt. Eine Rebe kann nicht wachsen, ja sie ist noch nicht einmal
lebensfähig, wenn sie vom Weinstock getrennt ist. Der zweite Satz umschreibt
die gleiche Situation mit anderen Worten. Es ist ein Versprechen, Frucht zu
tragen, wenn keine Isolation vom Herrn gegeben ist. Frucht zu bringen bedeutet
einfach gesagt: erhörlich beten zu können. Das lässt sich aus dem unmittelbaren
Kontext entnehmen, besonders aus Vers 7, wo eine Realisierung der erbetenen
Dinge versprochen wird, soweit die Verbindung mit Jesus besteht. Kein Gebet ist
als „erhört“ zu verstehen, solange nicht die erforderliche Kraft freigesetzt
ist. Deshalb wage ich zu behaupten, dass selbst der dritte Satz denselben
Inhalt noch einmal in andere Worte fasst. Richtig verstanden ist nämlich Gebet
kein passives Handeln, sondern völlig aktiv: es wird etwas in die Wege
geleitet, was zur Veränderung einer bestimmten Situation führt. Es wird „etwas
getan“. Die Veränderung selbst erfordert Kraft, die nur in der Verbindung mit
Jesus freigesetzt wird.
Jetzt möchte
ich am liebsten die Betrachtung über den Vers beenden. Er ist einfach und
kristallklar, die Zusammenhänge sind offen. Das Problem ist aber, dass ein
erhörtes Gebet manchmal für Christen ein Wunsch ist, dem die Realität weit
hinterher hinkt. Wenn ich eine einfache Lösung wüsste, wäre ich zufrieden. Es
gibt aber nur den Weg, auf die Versprechen zu vertrauen, die Jesus gegeben hat, und
sie sich nicht von den Augen weichen zu lassen. Sie sind mit aller Sturheit und
Zähigkeit festzuhalten. Wenn ich merke, dass ich etwas nicht erreiche, obwohl
es glaubenden Menschen versprochen ist, schaue ich von mir selber weg und halte
mich mit aller Kraft an Versprechen fest, von denen ich überzeugt bin, dass sie
mir gelten. Geduld ist zwar nicht die Tugend unserer Zeit, aber sie ist
trotzdem erforderlich. Es ist nach einiger Zeit so, dass sich Veränderungen ergeben,
die zu erkennen sind. Zuallererst von einem selber.
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